Lobgesang des Frühlings An
Hrn. Gleim in Berlin 1741.
|
Wie lang hat meine Muse schon, Die Witz und edle
Einfalt hret, Am blumenvollen Helikon, Den
Musen Griechenlands begierig zugehöret!
Nun aber will sie selbst einmal Die hochgestimmte
Cyther schlagen; Doch Mavors
blutbefleckter Stal Verbeut ihr, sich ins Feld, voll
Furchtsamkeit, zu wagen.
Sie schlich sich zwar, mit seltnem Muth, Jüngsthin
ins dicke Kriegsgedränge, Und sann auf Leichen und auf
Blut Und in erhitztem Kampf, auf kriegrische Gesänge.
Sie drang mit Zittern an den Ort, Wo, trotz der
Glut, die donnernd krachte, Durch Muth und durch sein mächtig
Wort Sich Brandenburgs Monarch des Kriegsglücks dienstbar
machte
Doch Phöbus riß
sie aus dem Brand, Und bracht, durch ihre Furcht
gerühret, Sie in das sonnenreiche Land, Allwo der
Wahrheit Faust den sanften Zepter führet.
Hier, sprach er, wo kein Mörsel wühlt, In
diesen ungestörten Gründen, Versuche, wie dein
Finger spielt; Du kannst auch hier den Stoff zu hohen Liedern
finden.
Dort, in der Göttinn Heiligthum, Wo Licht und
reiner Schimmer lachen, Da thront ihr Liebling und ihr
Ruhm, Wolf, der für Eifer glüht, die Wahrheit groß
zu machen.
Sie reicht, auf unschätzbarem Gold, Ihm
necktarreiche Götterspeise, Die jener fette Weinstock
zollt, Der um den Tempel kriecht, gepflanzt von ihrem Fleiße.
Wolf reicht es nun dem Grafen dar, Der Philurenens
Fluren schmücket; Den schon die frohe Musenschaar, Die
seine Rechte schützt, bis an die Sterne rücket.
Der hat, von hoher Glut entbrannt, Den
lorbernwerthen Bund errichtet, Der durch ein neugeknüpftes
Band, Der Wahrheit beyzustehn, jedweden Freund verpflichtet.
Was kömmt da für ein kühner Held? Es
fliegt der Sieg an seiner Seite; Die Klugheit ist ihm
beygesellt; So sieht der Kriegsgott aus, erhitzt vom scharfen
Streite.
Wer kann es sonst, als Friedrich, seyn? Der ist
es, ja, des Feindes Schrecken. Er hängt in jenem
Palmenhäyn Die güldnen Waffen auf, die Staub und
Blut bedecken.
Ihn küßt der Göttinn holder Mund; Es
ruht auf ihm ihr ganzes Glücke: Er thut ihr seine Liebe
kund, Und schaut auf Wolfen hin, mit gnadenvollem Blicke.
Nun sieh ihn an, nun gleicht er mir; Die Flöte
reizt in seinen Händen, Es schweigt das lüsterne
Revier Bey seiner Töne Pracht, die meinen Ruhm entwenden.
Drum fliehn die Musen öffentlich Zu diesem
weisen Ueberwinder; In Friedrichs Arme flüchten
sich Geschmack und ächter Witz, der Wahrheit schönste
Kinder.
Nun, da sein Anblick sie belebt, So springt in
freudenvollen Tänzen, Dort, wo ein kühler Schatten
schwebt, Die fest verschlungne Schaar, geziert mit
Rosenkränzen.
O laß dir diese güldne Zeit Noch mehr
als Friedrichs Muth gefallen: Hiervon, und nicht von Krieg und
Streit, Du junge Muse! laß die neuen Saiten schallen.
So sprach er! und die Muse brennt, so hohe Dinge
zu besingen; Doch, weil sie ihre Schwäche kennt, So
läßt ihr Mund vorher ein niedrers Lob erklingen.
|